Auch die Drachenflieger, für die man auf dem ILA-Gelände extra einen 10 Meter hohen Absprunghügel aufgeworfen hatte, sorgten eher für Belustigung. Kaum einer der Drachen machte mehr als 2-3 Sprünge, bevor er sich überschlug und in Trümmer ging.
Jetzt hoffte man auf die Flugzeuge und lobte eine ganze Reihe von Fliegerpreisen aus, der höchste, der schnellste, der weiteste Flug usw. sollten prämiert werden. Es stand nur zu befürchten, dass französische und belgische Piloten alle Preise abräumen würden. Die Gebrüder Wright, denen man wohl gerne einen Preis verliehen hätte, hatten zwar ein Flugzeug zur ILA nach Frankfurt geschickt, als aber einer der beiden Brüder tatsächlich nach Deutschland kam, um sein Flugzeug vorzuführen, zog er es vor, erst einmal seinen in Frankfurt auf der ILA befindlichen Flugapperat mit der Bahn nach Berlin bringen zu lassen, um dort eine Flugvorführung zu geben. Erst danach schaute er sich die ILA an und machte eine Rundfahrt mit dem Zeppelin mit (im September war nochmals für ein paar Tage ein Zeppelin auf der ILA, Frankfurt hatte angeboten, einen großen Luftschiff-Flughafen zu bauen), ohne hier aber auch zu fliegen - nicht gut!
Außer der Flugwoche in Berlin gab es aber zeitgleich mit der ILA noch einen
ganzen Schwung weiterer Flugveranstaltungen in Frankreich, Italien, England und
der Schweiz und noch nicht einmal der Frankfurter Verheyen flog auf der ILA. Stattdessen absolvierte er im
September 1909 einen 1500 Meter-Flug in
lssy-les-Moulineaux
Da blieb nur ..."August Euler, der am weitesten fortgeschrittene deutsche Aviatiker", wie man in einer Frankfurter Zeitung lesen konnte, zumindest der einzige deutsche Flieger, der auch mit einem in Deutschland gebauten Flugzeug antrat - alle anderen flogen französische Modelle.
Anfangs tat Euler sich schwer. Man hatte zwar einiges für die Luftschiff-Infrastruktur investiert, eine befestigte Startbahn gab es auf dem Festhallengelände aber nicht, so dass Euler von einer feuchten Wiese aus starten musste. Gleich bei einem seiner ersten Versuche blieb er an einem der riesigen Betonanker für den Zeppelin hängen und sein fragiler Flugapperat ging in Stücke. Bei einem nächsten Versuch hob er zwar ab, rammte aber beinahe die Zeppelinhalle. Ein anderes Mal flog ihm seine Mütze vom Kopf, diese landete im Propeller und beschädigte ihn, man sah Euler also viel öfter beim Schrauben auf der Wiese, als in der Luft. Einen tatsächlichen Rundflug über Frankfurt unternahm deshalb auch nur der legendäre Frankfurter Komiker Adam Müller als Passagier zusammen mit Euler in dessen "Nudelkiste" und zwar nicht auf dem ILA-Gelände, sondern auf den Bühnen der Frankfurter Apfelweinwirtschaften.
An Spott über Euler herrschte kein Mangel. Als die sozialdemokratische Volkstimme aber dann textete: "August lass das Fliegen sein", verklagte er sie auf Schadensersatz (überhaupt entwickelte er sich zu einem richtigen Prozesshansel. Kurz nach Kriegsausbruch 1914 verklagte er zum Beispiel die Stadt wegen des Gestankes des Klärschlammes, der direkt neben seinem Flughafen in Niederrad liegenden Kläranlage und 1919 verklagte er die revolutionäre Rote Matrosengarde Frankfurts auf Rückgabe einiger beschlagnahmter Bettlaken).
Aber dann flog er doch. Länger als 3-4 Minuten konnte er nicht in der Luft bleiben, da sein ungekühlter Motor sonst heiß gelaufen wäre und höher als 10 Meter ist er auch nicht gekommen, aber die Frankfurter waren begeistert und Euler räumte die Preise ab - gleichzeitig allerdings überquerte ein Franzose im Flugzeug den Ärmelkanal.
In Frankfurt machte man nun aber keine halben Sachen mehr; die ILA wurde um zwei Wochen verlängert, es wurden Preise von über 300.000 Mk. ausgelobt, Sonderzüge von Italien und Frankreich zum Flugzeugtransport eingerichtet und die internationalen Piloten kamen. Die ILA war von der Luftschiff- zur Flugzeug-Ausstellung geworden und August Euler brachte es mit seinem Voisin-Flieger sogar in die Werbespalten, wo ansonsten der Zeppelin dominierte.
Trotz alle dem: Nur der Zeppelin zählte! Es gab Zeppelin Wurst (bis heute), Zeppelin Seife, Zeppelin-Zigarren, eine Zeppelin-Allee (umbenannt noch während der ILA), Zeppelin überall. Wenn der Zeppelin über Frankfurt flog, waren die Straßen schwarz vor Menschen und der Figaro aus Paris titelte Frankfurt betreffend: Deutschland im Zeppelin-Wahnsinn!
Aber obwohl es zum Abschluss der ILA ein "Bombardements-Feuerwerk" mit dem Titel:"Das Zeppelin-Luftschiff im Kampfe" gab, das deutsche Militär interessierte sich jetzt auch für Flugzeuge. Ende 1909 durfte der Frankfurter August Euler auf einem Militärgelände in der Nähe von Darmstadt seine Doppeldecker erproben, während der Frankfurter Franz Verheyen auf einem Militärgelände in der Nähe von Mainz französische Eindecker erprobte. Ohne Frankfurter Know-How ging es also auch damals schon nicht.
Euler erfand noch 1909 einen Mechanismus, mit dem man mit einem Maschinengewehr durch den Propeller hindurchschießen konnte und wurde damit reich (noch reicher) - nachdem er 1915 das deutsche Militär auf Lizenzgebühren verklagt hatte. Franz Verheyen blieb nicht bei der Fliegerei, er hatte schon um 1900 eine Fahrradfabrik in Frankfurt begründet und betrieb einen schwunghaften Fahrrad-Teile Versandhandel. Gleichzeitig eröffnete sich Zeppelin noch 1909 auch den zivilen Markt. Im November wurde die Deutsche Luftschifffahrts AG für den Personentransport mit Hauptsitz in Frankfurt gegründet, die erste Fluglinie der Welt.