Ein Artikel aus der Reihe: Frankfurter Zeitungs-Archäologie
Im 19.Jahrhundert brauchte Frankfurt plötzlich Uhren. Die Zeiten waren immer schneller geworden und die wenigen Kirchturmuhren in der Stadt reichten nicht mehr aus, die immer zahlreicher werdenden Frankfurter mit der Uhrzeit zu versorgen, zudem private Uhren, gar Taschenuhren noch ein richtiger Luxusgegenstand waren. Da sich in der Stadtverwaltung niemand für zuständig hielt, nahm sich der Verschönerungsverein der Sache an und errichte 1873 im Anfangsbereich der Zeil ein Uhrtürmchen.
Die Weltwirtschaftskrise im gleichen Jahr sorge aber wohl dafür, dass dem Verschönerungsverein der Unterhalt für das Türmchen zu teuer wurde - die Uhr musste aufgezogen werden und das Gaslicht, mit dem die Ziffernblätter beleuchtet wurden kostete auch viel Geld. Noch 1873 bat also der Verein die Stadt Frankfurt doch bitte das Uhrtürmchen in ihren Besitz zu übernehmen. Erst maulte man ein bisschen, hat den Turm - und dessen Kosten - aber dann doch übernommen.
Die Zeiten sind wirtschaftlich aber auch wieder rosiger geworden und 1882 errichtete der Verschönerungsverein ein weiteres Uhrtürmchen gegenüber des Opernplatzes, an der Ecke der Freßgasse. Diese Uhr wurde jetzt aber nicht auf einer Säule, sondern auf dem Kartenvorverkaufshäuschen der neu erbauten Oper errichtet. Dieses Türmchen ersetzte das Uhrtürmchen auf der Fuhrwerkswaage an gleicher Stelle, die jetzt wohl nicht mehr in das schicke Ambiente des Opernplatzes passte.
1893 erschienen gleich zwei neue Uhrtürmchen im Stadtbild. Der Ostendverein finanzierte den heute noch dort stehenden Turm an der Friedberger Anlage und der Weinhändler Mansfeld das Türmchen auf der Kaiserstraße.
Den Uhrturm im Ostend hätte man beinahe gleich wieder verloren, denn 1894 waren der Uhrmacher und ein Installateur gleichzeitig am Turm zugange. Der Installateur öffnete dabei den Gashahn, der Innenraum füllte sich mit Gas und explodierte, als das Gas die Flämmchen hinter den Zifferblättern erreichte. Alle vier gläsernen Zifferblätter flogen heraus und verletzten den Uhrmacher der Turm selbst blieb aber glücklicherweise intakt.
Wie das Uhrtürmchen in Bornheim zeitlich einzuordnen ist, habe ich lange nicht herausgefunden. Dazu gefunden hatte ich in Zeitungsartikeln "1873", "um 1900" und "in den 1920er Jahren". 1873 schloß ich aus, denn 1878 ist genau an der Stelle, an der das Türmchen steht, eine hölzerne Drehscheibe für die Pferdestraßenbahn gebaut worden. Um 1900 war die Drehscheibe schon wieder weg, der Turm war mir aber für 1900 viel zu schlicht und außerdem wären damals bestimmt Ansichtskarten mit der neuen Uhr gedruckt worden. für die 20er Jahre sprach das schlichte Design. Tatsächlich aber hatte der Bezirksverein Bornheim 1908 darum gebeten, den abgerissenen Uhrturm von der Zeil vor dem Bornheimer Postamt, Berger, Ecke Arnsburger, wieder aufzubauen. Das ging aber nicht, den der Korpus des Uhrtürmchens war beim Abriss vollständig zerstört worden. Im Frühsommer 1910 erhielt Bornheim aber dann wenigstens die Uhr des Zeil-Uhrtürmchens in einem eisernen Gehäuse mit kupfernem Dach.
Die große Zeit der Uhrtürmchen war aber schon bald auch wieder vorbei, sie standen einfach im Weg. Das Uhrtürmchen auf der Zeil ist auf Fotos von 1907 noch zu sehen, auf Bildern von 1912 fehlt es aber. Es ist 1908 abgerissen worden wahrscheinlich hat es dem neu geschaffenen Autodroschkenhalteplatz im Weg gestanden. Auf Bildern, auf denen die im September 1911 aufgestellte Taxitelefonsäule (die erste Deutschlands) zu sehen ist, steht nicht mehr das Türmchen, sondern eine schlankere, ebenfalls im Sommer 1911 aufgestellte elektrische Säulenuhr.
. Der Kiosk-Uhr an der Freßgasse/ Ecke Hochstraße ist es ein wenig besser ergangen. Zwar musste sie weg, weil die Henninger-Brauerei dort 1909 ein neues großes Haus baute (an das dann auch eine Uhr kam).
Der steinerne Kiosk zog auf das "Dreieck", auch Säuplätzi genannt, um -
- allerdings ohne die Uhr, sondern mit einem roten Zinkdach. Es hagelte Beschwerden aber die Uhr blieb verschwunden.
1938 gab es dann einen Ringtausch. Das Schillerdenkmal vom Schillerplatz (heute das U-Bahnloch vor der Hauptwache) zog auf den Börsenplatz um, der Merkurbrunnen der bislang dort stand (heute in der Grünanlage vor der Festhalle) zog auf das Säuplätzi und der Kartenkiosk musste weg. Wieder am Stück abgerissen wurde er eingelagert um Andernorts wieder aufgestellt zu werden, was aber nie geschehen ist. Der große Frankfurter Karikaturist Lino Salini hat dem Uhrtürmchen ein Denkmal gesetzt.
Neuerdings hat es das Freßgassen-Uhrtürmchen aber zum Modelleisenbahnhäuschen 1:87 gebracht.
Auch Manskopfs Uhrtürmchen, auf das die Frankfurter anfangs sehr stolz gewesen sind, gefiel plötzlich nicht mehr und stand dazu noch im Weg. 1926, als die Straßenbahnweichen neu verlegt werden mussten, kam es weg. Eigentlich hatte man einen neuen Platz dafür gesucht. Der Platz der Republik und auch der Friedberger Platz waren im Gespräch gewesen, ein solcher Umzug war der Stadt aber zu teuer und auch künstlerisch passte das Türmchen nicht mehr in den Geist der Zeit - Stadtbaurat Ernst May hatte gar sein Veto zu einem Umzug eingelegt. Man hatte nochmal bei dem Künstler, der den Turm geschaffen hatte, Professor Laeuger, angefragt, ob er ihn umändern könne, aber dieser meinte, man solle "das Ding vom Erdboden verschwinden lassen und nie wieder aufbauen." und so ist es dann auch gemacht worden. Hermann Laeuger hatte in Frankfurt auch die Mansfeld-Villa und den Laeuger-Brunnen in der alten Kopfapotheke am Paulsplatz gebaut.
der Engel des Manskopf-Uhrturms 1927 in der Rumpelkammer
Auch im Weg stand 1975 beim U-Bahnbau entlang der Bergerstraße das Bornheimer Uhrtürmchen. Auch das kam weg, hatte aber Glück und wurde drei Jahre später wieder aufgestellt.
1939 gab es in Frankfurt 1000 zentral gesteuerte elektrische Uhren im öffentlichen Raum. Kriegsbedingt waren 1945 kaum noch welche davon übrig und die Stadtverwaltung verbrachte die 50er Jahre mit dem Neueinrichten und dem Reparieren der Kirchturmuhren. In den 60ern brach dann die große Zeit der Säulenuhren an, von denen man heute noch eine ganze Anzahl im Stadtraum auffinden kann.