Alexander Ruhe: 1759 - Blutiger Karfreitag. Ein Heldengrab auf dem Frankfurter Peterskirchhof. November 2020

Ein Artikel aus der Reihe: Frankfurter Zeitungs-Archäologie

Im Siebenjährigen Krieg rangen zum dritten Mal  Preußen und Österreich um die Vormacht in Deutschland und halb Europa rang mit. So hatten zum Beispiel die Franzosen im Januar 1759 Frankfurt überrumpelt und die strategisch wichtige Stadt besetzt. Das wollte Preußen nicht hinnehmen und am Freitag den 13.April, dem Karfreitag, kam es vor Frankfurt zur - gemessen an der Teilnehmerzahl - blutigsten Schlacht des 18.Jahrhunderts.

Klarer Favorit bei diesem Ringen, war die preußische Armee und Goethes Vater war schon einmal aus der Stadt herausspaziert, um die siegreichen Preußen willkommen zu heißen. Aber es kam anders! Wider allen Erwartens, sie hatten für ihre erwartete Flucht vom Schlachtfeld an der Gerbermühle schon eine Notbrücke über den Main errichtet, zeigten sich die Franzosen opferbereiter als gedacht. Zwar nahmen die preußischen Soldaten Bergen aber die Franzosen nahmen es ihnen wieder ab - gar nicht gut für Bergen, aber gut für Frankfurt. Der Kampf wogte hin und her. Eine der von den Preußen abgeschoßenen Kanonenkugeln traf die Berger Warte. Die Berger Warte diente damals als Frankfurter Gefängnis. In diesem Gefängnis saß eine Frankfurterin, eine Kindsmörderin ein und wartete hier auf ihre baldige Hinrichtung. Die ersparte ihr diese Kanonenkugel, sie riß ihr den Kopf ab. 

Einer dieser französischen Helden, die die Plünderung und Zerstörung Frankfurts durch die Preußen verhindert haben, war der französische Oberst Christian Franz Jakob Wurmser von Vendenheim. Als sie gerade die Preußen vor sich her trieben, wurde seine Einheit von einem Reiterangriff niedergemacht. Schwer verwundet wurde er, wie tausende andere Franzosen, in die Stadt hineingetragen, in der einer seiner Brüder, Christian Ludwig, französischer Stadtkommandant war. Franz war sehr schwer verwundet und starb am 20.April in Frankfurt, wo er dann auf dem Peterskirchhof sein Grab erhielt. Gemeinsam mit dem hannoveranischen Oberst von Linstow, der für die Preußen und dem sächsischen General von Dyherrn, der für die Franzosen gefallen war. Drei Jahre später ließ ihm sein Bruder Dagobert Wurmser von Vendenheim, ebenfalls hoher Offizier in der französischen Armee, sein Grabmal setzen. Das der Katholik Wurmser auf einem protestantischen Friedhof bestattet wurde, stellt für das 18.Jahrhundert einen unerhörten Vorgang dar.

Auch vor Bergen zum Helden geworden war der "Partisan" Johann Christian Fischer. Als Führer eines Freikorps deutscher Soldaten im Dienste des französischen Königs hatte er auf deren Rückzug die hannoveranische Nachhut vernichtet und war dafür nach der Schlacht befördert worden. Schon 1745, im zweiten Schlesischen Krieg, hatte er mit einem Husarenstück für Furore gesorgt, als er einen den Franzosen unbequemen Journalisten aus Frankfurt entführt hatte, um ihn ins damalige französische Hauptquartier nach Offenbach zu verschleppen.

Ein richtig französischer Name ist bislang in meinem Artikel noch nicht aufgetaucht. Das Regiment, dass im Januar 1759 Frankfurt überrumpelt hatte, kam aus Saarbrücken, die Soldaten sprachen also pfälzisch. Christian Franz Jakob Wurmser von Vendenheim, wie auch seine beiden Brüder, kam aus dem deutschsprachigen Straßburg und war Deutschordensritter. Der Söldnerführer Fischer kam aus Stuttgart, der preußische König Friedrich II., "der Große" hingegen sprach nur gebrochen deutsch und viel besser französisch, aber allzuviele Preußen hatten an der Schlacht gar nicht teilgenommen, dafür Hannoveraner, Kasseler und Briten. Und in einer Feuerlöschordnung, die Stadtkommandant Baron Christian Ludwig Wurmser im Januar 1759 für Frankfurt erlassen hatte, wurde festgelegt, dass im Falle eines Brandes je zehn deutschsprachige Unteroffiziere der französischen Armee, den Feuerlöschdienst zu koordinieren hätten und an Deutschsprachigen hatte die französische Armee keinen Mangel. Frankfurt war einfach auch damals schon mitten in Europa.

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Der römische Held mit der französischen Lilie. Im Hintergrund, die Berger Warte

Die Franzosen hatten 1759 nicht nur an der Berger Warte Befestigungen angelegt, sondern auch an der Sachsenhäuser Warte. Wäre der Feind von Süden her gekommen, hätte die Schlacht wohl in den Weinbergen Sachsenhausens stattgefunden.

Frankfurt hatte im Laufe seiner Geschichte eine ganze Reihe von militärischen Besetzungen zu erleiden. Schwedische, kaiserliche, amerikanische und auch russische Soldaten waren hier. 1759, 1792, 1796, 1806 und 1920 kamen die Franzosen, 1866 die Preußen und die waren schlimmer als alle anderen zuvor und danach.

 

 

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