Ein Artikel aus der Reihe: Frankfurter Zeitungs-Archäologie
Ada Otto war ein Glamourgirl ihrer Zeit. Mit zwanzig Jahren hatte sie 1912 den Flugpionier und Industriellen Gustav Otto geheiratet, der mit ihr im Flugzeug zur Hochzeit erschien. Wie auch ihr Mann, war Ada begeistert, für alles was schnell war; segeln, autofahren und auch das Fliegen waren ihre Welt.
In den 20er Jahren wurde Ada Rennfahrerin und fuhr mit ihren extrem schnellen Otto-Rennwagen, die ihr Mann für sie konstruierte, der männlichen Konkurrenz davon. Bei einem solchen Autorennen hatte sie aber auch einen anderen Rennfahrer kennengelernt. Willy Hof war Bankier, Segelflieger und Autoenthusiast und auch Werbereisender in Sachen deutschen Autobahnbaus. Ada ließ sich von ihrem Gustav scheiden und wurde 1925 von Ada Otto zu Ada Hof und übersiedelte von München nach Frankfurt.
Die schnellen Otto-Autos, die zudem gerade zu BMW umfirmierten, standen Ada nun nicht mehr zur Verfügung, trotzdem wollte sie aber weiter Rennen fahren. Passgenau zum Hohen-Wurzel-Bergrennen im Taunus schenkte ihr ihr Mann einen Mercedes-Rennwagen der an ihre speziellen Wünsche angepasst werden sollte.
Das mit dem Anpassen zog sich allerdings hin und die Werkstatt vertröstete Ada von einem Tag auf den anderen und so fuhr Willy Anfang August 1925 alleine zum Segelfliegen auf der Wasserkuppe, wenn ihr Wagen fertig sei, sollte sie sofort nachkommen. Diese Abreise war jetzt für den 11.August geplant. Am Abend des 10. war Ada noch in Begleitung eines Kollegen Ihres Mannes, dem Direktor Anton Ramp zum Boxkampf im Schumann-Theater am Frankfurter Hauptbahnhof, ein Sport, für den sie an diesem Abend große Begeisterung zeigte. Um 22 Uhr brachte Direktor Ramp Ada nach Hause in die Savignystraße und wie der weitere Abend für sie verlief blieb ein Rätsel, über das viele Jahre lang spekuliert wurde. In der Nacht hörte eine am Haus vorbeikommende Polizeistreife ein Wimmern und drang in das Haus ein. Die Polizisten fanden Ada mit drei Einschusslöchern im Bauch auf dem Boden ihres Wohnzimmers im ersten Stock liegend und liessen die Schwerverletzte ins städtische Krankenhaus bringen. Dort sagte Ada aus, ein Mann sei bei ihr eingedrungen, sie habe mit ihrer Pistole zwei mal auf ihn geschossen, worauf dieser Mann ihr die Waffe entwandt und auf sie schoss - beschreiben wollte sie den Täter aber nicht, das täte nichts zur Sache, sagte sie und starb.
Den Tatort untersuchte der Popstar der deutschen Gerichtsmediziner, der Frankfurter Professor Dr.Popp, der Spezialist für Fingerabdrücke. Allerdings hatte die Polizisten und die Rettungssanitäter derartig in der Wohnung herumgewirbelt, dass kaum noch Fingerabdrücke zu finden waren und alle Fingerabdrücke auf der Tatwaffe stammten nur von Ada selbst.
Man verhaftete nun den Direktor Ramp und verhörte auch ihren Exmann Gustav Otto im München, aber beide konnten ein Alibi vorweisen und als dann der Gerichtsmediziner Dr. Roth, der die Autopsie durchgeführt hatte meinte, drei derart parallele Schüsse in den Bauch können man sich eigentlich nur selbst beibringen, entschied die Polizei auf Selbstmord und legte den Fall zu den Akten.
Selbstmord durch drei Bauchschüsse, nach denen Ada erst Stunden später verblutete? Das kam einem Reporter der renommierten Frankfurter Zeitung merkwürdig vor und er begann seinerseits zu recherchieren. Heinrich Schmitt, viel besser bekannt unter seinem Pseudonym Frank Arnau, war Gerichtsreporter und Enthüllungsjournalist - speziell in Sachen Automobilindustrie - aber auch Filmemacher und erfolgreicher Krimiautor. Er untersuchte den Tatort selbst, interviewte den Polizeikommissar als auch die Gerichtsmediziner, er gab bei einem anderen Chirurgen ("der berühmteste der lebenden Chirurgen" wie 1929 ein Krimimagazin schrieb, das den Fall in sein Blatt aufgenommen hatte) auch ein Gegengutachten in Auftrag und kam zu dem Schluß, dass ein Selbstmord wohl ganz und gar auszuschließen sei. An seinen Ermittlungserfolgen ließ er auch die Leser der Frankfurter Zeitung teilhaben, die folgende Tatortskizze stammt aus einem seiner Artikel zum Mord Hof.
Plötzlich aber meldete sich der Täter bei der Polizei und beschrieb ganz genau den Tathergang. Zur Tatzeit allerdings saß er im Gefängnis in Wiesbaden ein und hatte dort den Artikel der die Tatortskizze oben enthielt, als Toilettenpapier auf dem stillen Örtchen vorgefunden.
Hauptverdächtiger Schmitts war der verschmähte Exmann Adas, Gustav Otto. Ohne den Namen überhaupt zu nennen laufen alle Schlüsse und Rückschlüsse des Journalistens in seinen Artikeln immer wieder nur auf Otto als einzig möglichen Täter zu. Außerdem gab es da aber auch noch die Exfrau Hofs, die Mutter seiner beiden minderjährigen Söhne, Hedwig. In Schmitts Artikel wird zwar erwähnt, dass einer der Söhne Hofs Ada beim Packen geholfen hatte und auch am nächsten Morgen um 7 Uhr mit ihr mit der Bahn nach Gersfeld zur Wasserkuppe hätte fahren sollen, dass da aber auch beim Mord eine eifersüchtige Exfrau die Hände mit im Spiel gehabt haben könnte, und auf den Gedanken bin ich als erfahrener Tatort- und Columboschauer sofort gekommen, dass Hedwig die Mörderin gewesen sein könnte, das deutet der erfahrene Krimiautor Frank Arnau mit keinem Wort auch nur an. Er tat aber dafür einen bisher unbekannten Geliebten Adas auf, der ihm sogar den Mord gestand, ohne dass die Polizei den Fall wieder aufgenommen hätte.
Frank Arnau 1928
Frank Arnau schrieb in der Folge gleich zwei Krimiromane und eine Kurzgeschichte um den Fall Ada Otto /Hof , den "Mordfall Marjorie" in: "das verschlossene Zimmer" 1932. Im erst 1957 erschienenen Roman "Mordkommission Hollywood" stellt sich dann der untersuchende Journalist selber als der heimliche Geliebte und Mörder heraus und nochmals kurz in ADA oder Das Geheimnis einer letzten Begegnung von 1971. In dieser Kurzgeschichte von 1971 kommt Arnau wieder auf Gustav Otto als Mörder zurück, der vor ihm persöhnlich sogar ein Geständnis abgelegt hätte.
Adas Exmann Gustav Otto nahm sich ein paar Monate nach dem Mord das Leben, während der Witwer Willy Hof eine seiner viele Jahre später in dritter Ehe geborenen Töchter Ada nannte.