Alexander Ruhe: 1927 - Frankfurt und der georgische Napoleon- falsche Tscherwonzen aus der Nazi-Druckerei. Dezember 2015
Ein Artikel aus der Reihe:
Frankfurter Zeitungs-Archäologie
Mit Hilfe des SA-Mannes Georg Bell, später Chef des SA-eigenen Geheimdienstes, wurden Kontakte zu der NSDAP nahestehenden Kaufleuten hergestellt, um das Kapital und die technischen Fähigkeiten zum Geldfälschen zu erlangen - mit Millionen von falschen 10-Rubel Scheinen (10 Rubel = 1 Tscherwonez) sollte die Sowjetunion aus den Angeln gehoben werden. Der Tscherwonez war eine - zumindest zum Teil - Gold und Devisen gedeckte Währung und im Februar 1924 hatte man 50 Milliarden Inflationsrubel gegen einen Tschernowez getauscht, ganz ähnlich wie das fast gleichzeitig in Deutschland mit der Rentenmark geschehen war.
der Herr rechts mit Glatze ist der Buchhändler Böhle
Den beiden Georgiern war es in Frankfurt gelungen in drei Tagen 120.000 Scheine Falschgeld zu drucken (und zwar in einer wesentlich besseren Qualität als ihre Münchner Scheine, aber das nutzte ihnen jetzt auch nichts mehr), Papier hätten sie noch gehabt, um 1,2 Millionen weite Scheine zu drucken, an einer solchen Menge Falschgeld - ein Rubel war 2,10 Mark wert - hätte die sowjetische Ökonomie wohl schon zu schlucken gehabt, zudem die Sowjets selbst schon bis ans Limit Tscherwonzen druckten.
Alle kamen jetzt in Berlin vor Gericht, wo Bell noch tönte, wenn die beiden Georgier ihn eingeweiht hätten, in Frankfurt Tscherwonzen drucken zu wollen, dann wären die mit ihm auch gedruckt worden, aber man wäre nicht erwischt worden. Trotz dieser Anmaßungen und obwohl dem Frankfurter Böhle vom Richter schiere Geldgier attestiert worden war, kamen alle Angeklagten in den Genuss der Amnestie von 1928, die alle politisch bedingten Straftaten begnadigte, war doch in Deutschland kein Schaden entstanden und eventuelle Verbindungen zu Ölmagnaten und deutschen Generälen, Hoffmann hatte schon einen militärischen Invasionsplan für die Sowjetunion ausgearbeitet, wollte man auch nicht zu tief untersuchen, so ließ man die Täter lieber gehen und dies obwohl der Botschafter der Sowjetunion, Nikolai Krestinski (1883-hingerichtet 1938 ), heftig protestierte.
Das preußische Innenministerium hatte sich durchgesetzt was aber dem deutschen Außenministerium gar nicht gefallen wollte, die Beziehungen zur Sowjetunion waren durch diese Begnadigung auf einen Tiefpunkt gefallen und so wurde der Fall wieder aufgerollt. Diesmal berichtete die überregionale Presse ausführlich, sogar Hoffmanns Invasionsplan wurde veröffentlicht und aus Basilius Sadathieraschwili wurde "der georgische Napoleon". Die Georgier Sadathieraschwili und Karumidse kamen ins Gefängnis, bei den deutschen Angeklagten blieb es bei der Amnestie und die deutsch-sowjetischen Beziehungen entspannten sich wieder.
Auf osteuropäisches Falschgeld schien man damals in Frankfurt spezialisiert gewesen zu sein. Schon 1919 war eine Bande um einen Kunstmaler ausgehoben worden, die falsche 1000 Rubelscheine gedruckt hatte und 1923 fand man in einem Schließfach im Frankfurter Hauptbahnhof eine große Menge falscher polnischer 10.000 Markscheine.