Alexander Ruhe: 1734 - Der Frankfurter Portechaisenträgerstreik . Februar 2016

Ein Artikel aus der Reihe: Frankfurter Zeitungs-Archäologie

 

Portechaisenträgerstreik in einem Wort, das ist ein ziemlich langes Wort, das nur die Bedeutung dieses Streiks, als einem der ersten in Frankfurt überhaupt und auch schon begleitet von Streikposten und Aussperrungen, unterstreicht. Diesem Sachverhalt gerecht werdend, erschien in den Frage- und Anzeigungs-Nachrichten vom 22.Oktober 1734 der folgende Satz; der möglicherweise längste Satz der deutschen Zeitungsgeschichte :

"Nachdem die vormaligen Portechaisen-Träger am verwichenen Sonntag Vormittag, eben zu der Zeit, da Vieles zu tun gewesen, bloß deswegen, weilen man seit einigen Wochen sich bemühet, sie zu ihrer zeithero in vielen Stücken gänzlich außer den Augen gesetzten  Schuldigkeit bestens anzuhalten, als welche hinkünftig fleißiger wie bisher zu beobachten sie auch einige Tage vorher noch Hand treulich versprochen, so unvermutet- als unfreundlich und unverantwortlicher Weis, nicht nur fast miteinander ausgestanden, sondern auch dem Vernehmen nach, deren bisherigen Prinzipalen hin und wieder, als ob selbige ihnen weniger Lohn geben wollen, und sonsten fälschlich zu verunglimpfen, anbenebenst diejenigen, so zum Portechaisen-Tragen sich anmelden abwendig zu machen, oder doch allerlei widrige Dinge ihnen beizubringen sich unterfangen, wodurch es geschehen, dass zeithero viele vornehme und andere Personen nicht gehörig accomodieret worden, so siehet man sich gemütigt das Publikum zu ersuchen, dass es solchen widerspenstigen Leuten, in ihrem so unwahr- und feindseligen Anbringen kein Gehör zu geben und vielmehr gänzlich versichert seien, dass man die gute Absicht habe, auch derhalben weder Kosten noch Mühe  sparen werde damit hinkünftigt alle Beschwerden in Ansehung der Portechaisen cessieren, und sobald nur die nötige Anzahl der Träger durch tüchtige Leute wieder ersetzt sein wird, weder nach gemeldeten Portechaisen vergeblich angefragt, noch diejenigen, so sich deren zu bedienen belieben, im Preis wie bisher vielfältig wider dieser Leute Prinzipalen Wissen und Willen geschehen, fernerhin übernommen werden sollen." 

(Um diesen Satz von 230 Worten wenigstens halbwegs lesbar zu machen, habe ich die Rechtschreibung - weitgehend - an unsere heutige angepasst und auch - zumindest die auch schon damals fehlerhafte - Grammatik, korrigiert.)

Ob dieser Streik erfolgreich war, lässt sich aus den damaligen Zeitungen nicht ersehen, ich bezweifele dies aber, die Tragestuhl-Ordnung von 1709, die auch die Tarife regelte, wurde jedenfalls erst 1741 erneuert. Noch 1836 gab es zwei Tragestühle, man könnte auch sagen, Sänften, in Frankfurt (im November 1833 hatte sich der Hauptwachenstürmer Heinrich Eimer bei einem - erfolglosen - Fluchtversuch, hinter solch einer Sänfte zu verstecken versucht) . Damals galten sie aber als unmodern und wurden zu Weihnachten 1839 durch Droschken ersetzt.

 

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