Alexander Ruhe: 1817 – Duell am Frankfurter Haus.
2.Advent 2012
Ein
Artikel aus der Reihe: Frankfurter Zeitungs-Archäologie
Am Mittwoch, dem 23. April 1817 beherrschte nur ein Gesprächsthema
Frankfurt, das furchtbare Ende des Leutnant Reimherr.
Im Eingangsbereich des städtischen Theaters, in dem zur Messe gerade der aus Berlin ausgewiesene Komiker und Juden-Imitator Albert Wurm Furore machte, waren sich einige Tage zuvor Herr Michael von Tormassow (Tormasov), Legationsrat am russischen Konsulat in Frankfurt und der konsularische Vertreter Hannovers, Herr von Strahlenheim begegnet. Man freute sich sehr über diese Begegnung und unterhielt sich, unterhielt sich viel zu laut. Die Aufsicht hier, im Parterre des Theaters führte Leutnant Carl Reimherr, ein siebenundzwanzigjähriger Veteran Napoleons. Reimherr war mit Frankreichs Truppen in Spanien und mit Napoleon in Russland gewesen, wo ihm die rechte Hand verkrüppelt wurde und wo er in russische Gefangenschaft geraten war – auf Russen war Reimherr anscheinend also nicht gut zu sprechen (vielleicht hatte er aber einfach auch nur Hunger, der Brotpreis hatte sich gerade verdreifacht)– er ging also auf die beiden zu und gebot ihnen Ruhe „taisez vous“ rief er, was mit „seid ruhig“ oder aber auch „ haltet das Maul“ zu übersetzen wäre.(Reimherr hatte sein Französisch anscheinend bei der Grande Armee gelernt) . Als die beiden aber nicht ruhig wurden, gebot er nochmals Ruhe und fügte ein „ihr Dummköpfe“ hinzu – das hätte er nicht tun sollen.
Seiner Grobheit wegen, wurde er von seinen Vorgesetzten für zwei Tage in Arrest gesetzt, man hoffte wohl, so könnte ein wenig Gras über die Sache wachsen, aber gefehlt, als Reimherr das Arrestlokal verließ wurde ihm auch schon Tormassows Forderung überbracht. Da aber seit 1696 schon Duelle in Frankfurt bei Todesstrafe (für den Gewinner) verboten waren, traf man sich im Hessischen, nur wenige Meter entfernt vom Frankfurter Haus, der Staatsgrenze zwischen Frankfurt und Welschdorf (heute Neu Isenburg).
Als Geforderter hatte Reimherr den ersten Schuss. Die beiden Kontrahenten standen zwanzig Schritte voneinander entfernt, Reimherr drückte ab, doch seine Pistole versagte. Sein Sekundant, Hauptmann Schweizer (der Sohn des Schweizer, der Blanchard nach Frankfurt geholt hatte , er wurde deshalb als "Schweizer Junior "geführt) und auch er forderten, dass er nochmals schießen dürfe aber Tormassows Sekundant, der hannoveranische Konsul von Strahlenheim meinte nur „Abgedrückt ist auch geschossen“ und so war nun – Reimherr hielt anscheinend sehr auf seine Ehre – Tormassow an der Reihe. Dieser schoss und traf den jungen Leutnant direkt ins Herz. Reimherr wurde unter allen militärischen Ehren auf dem Frankfurter Friedhof (an der Peterskirche) beerdigt, Tormassow aber zog es vor, Frankfurt schnell zu verlassen, er ging ins hessische Darmstadt, andere sagten, ins nassauische Wiesbaden (und in Wien soll er auch angekommen sein), jedenfalls starb er im Januar 1826 „nach langer, schwerer Krankheit“, als Legationssekretär in München. In München versteigerte man dann seinen Hausrat unter anderem etliche Pferde, einen Leierkasten, der 23 Stücke spielen konnte und - "erprobte Pistolen".