Alexander Ruhe: Der böse Batocki. Rosenmontag, März 2011

Ein Artikel aus der Reihe: Frankfurter Zeitungs-Archäologie

Während des 1.Weltkrieges, im Mai 1916 war Adolf-Max Batocki-Friebe (1868-1944) erster Präsident des Kriegsernährungsamtes in Berlin geworden. Die Ernährungslage der deutschen Bevölkerung war kritisch und ganz besonders Frankfurt war in einer misslichen Situation, lag die preußische Stadt doch in nächster Nähe der Landesgrenzen und die Nachbarländer (Bayern mit dem Frankenland und der Pfalz, sowie Hessen mit Rheinhessen, der Gegend um Gießen und allem zwischen Offenbach und Darmstadt) hatten ihre Grenzen für Lebensmittelausfuhren gesperrt, so dass Frankfurt auf weit entfernte preußische Anbaugebiete (z.B. Kartoffeln aus Ostpreußen) angewiesen war. Frankfurt war 1915 die erste Stadt Deutschlands gewesen, die fälschungssichere Lebensmittelkarten eingeführt hatte, aber obwohl man in Frankfurt jedes Verständnis für Massnahmen hatte, die die Lebensmittelversorgung verbesserten, war doch jedem in Frankfurt klar, dass man seinen Apfelwein bräuchte um gesund zu bleiben, ja dass ganz besonders die Soldaten aus dem Rhein-Main-Gebiet ihren Schoppen brauchten um bei Kräften zu bleiben.

 

 Und genau an diesen wunden Punkt rührte er nun, der ostelbische Rittergut-Besitzer Batocki. Pünktlich im Spätsommer, als es ans Keltern gehen sollte, verbot er das Herstellen des Apfelweins, aus den Äpfeln solle jetzt Apfelgelee für die Front hergestellt werden und das, obwohl ja auch die Berliner seit dem Apfelwein-Doktor Petsch von der heilenden Kraft unseres Stöffches wussten. In Frankfurt war das Kopfschütteln groß und die Frankfurter mahnten, zum Beispiel in Form eines Gedichtes, das im Oktober 1916 im Frankfurter Generalanzeiger zu lesen stand:

 

Kein 1916er !

Ein Sachsenhäuser Stoßseufzer.

Batoschki, o Batotschki von der Spree,

wie tust Du in der Seele „uns am Main“ so weh !

Was muss man hören, Gottverdeppel da ?

Für unseren „Stoff“ sind keine Aeppel da ?

Ach hättest Du das Podagra, die Gicht

Behüte Gott, ich wünsch Dir so was nicht –

Du wüsstest, dass in Form von Flüssigkeit

Der Apfel gegen düstere Stimmung feit,

Dass er ein „Hebe-Zeug“ für Optimismus,

dass Medizin er für den Rheumatismus.

Batotschki, wir sind ernstlich bös mit Dir,

und wenn Du sagst: „Trinkt Wasser oder Bier!“

Ach, diesen „Paragraphen“, diese Trinkerphilosophie

Vergisst ein echter Sachsenhäuser Dir wohl nie.

Er lässt der Tränen Ströme freien Lauf,

er hängt den Bembel an den Nagel hoch hinauf

und spricht:“ Wie kann denn nur ein Mensch so sein,

und nichts verstehen „tun“ vom Aeppelwein

Ich glaube fast, die wollen uns veräppeln

Mit lauter Aeppel-Marmelade päppeln,

das ganze Sprechorgan damit verkleistern uns.

Mit was soll’n wir dann krätschen und begeistern uns ?

                            Fips.

(20 Jahre lang war Carl Matern der „Fips“ des Generalanzeigers, in den Carl allerdings erst 1924 eingetreten war. Hatte er eventuell den Namen vom Direktor des Anzeigers, von Fritz Matern übernommen ?)

 

"Und die Bembel träumen von besseren Zeiten", konnte man im Herbst 1916, an einem Freitag dem 13. in einer Zeitung lesen, es hat alles nichts genutzt, den Frankfurter blieb das Keltern ihres Stöffchens verboten und der Krieg ging verloren. Interessant ist allerdings, dass eine ganze Reihe der auch heute noch bestehenden Keltereien in Taunus, Spessart und Odenwald 1917 als Gründungsdatum haben, in dem sie – selbstverständlich – als reine Obstsaftkeltereien entstanden sind.

Aber damit immer noch nicht genug, sorgte Batocki 1919, inzwischen war er Oberpräsident in Ostpreußen, dafür, dass die Revolution sich hier nicht entfalten konnte. 1932 war er unter den ostelbischen Junkern, die bei Reichspräsident Hindenburg gegen Brüning (und damit indirekt für Hitler) bohrten und damit ist er  wohl auch an dem schuld.                       

 

 

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