Alexander Ruhe: Wie beinahe mal die Kaiserin Sissi in Frankfurt gestorben wäre. Jan. 2011

Ein Artikel aus der Reihe: Frankfurter Zeitungs-Archäologie

 

 

Im Januar 1889 hatte sich der Sohn der österreichischen Kaiserin Sissi, Rudolph, das Leben genommen (andere sagen, er sei ermordet worden). Um diesen schweren Schlag bewältigen zu können, fuhr die Kaiserin zur Kur nach Wiesbaden. Auf dem Weg von Wien nach Wiesbaden fuhr ihr Hofzug auch durch Frankfurt. Sie blieb einige Wochen in Wiesbaden und trat dann, merklich erholt und auch gefasster, am 24. Mai 1889 die Rückreise nach Wien an.

Eigentlich hätte der Zug auch damals schon Frankfurt großräumig umfahren können, aber man wollte ihr wohl den gerade ein Jahr zuvor eingeweihten Hauptbahnhof Frankfurts, den größten und schönsten Europas, nicht vorenthalten und so ging der Weg quer durch Frankfurt, über die alte Verbindungsbahn am Main entlang vom West- zum Ostbahnhof, über die ansonsten nur die Ausflugszüge von Limburg nach Wilhelmsbad fuhren.

Als der Hofzug um 15.30 h gerade den Westhafen passierte, sprang der letzte der acht Wagen des Zuges aus dem Gleis, schnell auch der siebte. Man gab dem Lokführer ein Signal, das dieser anscheinend aber nicht hörte. Auch der sechste und dann auch der fünfte Wagen sprangen aus der Spur, bis der Lokführer endlich einen Polizisten wahrnahm, der seine Pickelhaube schwenkend, neben dem Zug herlief. Der Zug hielt an und man begutachtete den Schaden. Einer der Lakaien und eine der Hofdamen waren verletzt worden, ein Wagen war vollständig zerstört und das Gepäck der Kaiserin ordentlich durcheinander geworfen worden, aber Sissi, die im dritten Wagen gesessen hatte,  war unversehrt geblieben.

Man wunderte sich, wie der Zug auf dieser absolut geraden Strecke hatte entgleisen können. Heute würde man wohl sofort einen Akt von Terrorismus vermuten, damals war aber sofort jedem klar, dass die Österreicher halt keine Eisenbahnen bauen können. Innerhalb einer Stunde, in der Sissi auf dem Bahndamm auf und ab ging, hob man die Wagen wieder ins Gleis und die Fahrt nach Wien ging weiter.

   

 

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