Ein Artikel aus der Reihe: Frankfurter Zeitungs-Archäologie
02.Dezember 1889
Auf dem Goetheplatz, dem Liebfrauenberg und dem Garküchenplatz
werden von der Marktverwaltung Plätze zum Winden und Verkaufen von Girlanden
eingerichtet. Der Tagesmietpreis betrug 5 Pf/m²,. der Meter aus Tannengrün
gewundene Girlanden kostete zw. 20 – 50 Pf. der Engros-Verkauf fand am Mainufer
stand. Hunderte von Wagen lieferten Girlanden und Kränze von außerhalb an. In
der ganzen Stadt wurden Venezianische Masten aufgestellt. Um die Fahnenmasten
aufzustellen, mussten Löcher in die Zement-Bürgersteige gerissen werden. Nach
der Veranstaltung, wurden 150 feste Fahnenmastlöcher installiert (zu 32,- M.
das Stück).
03.Dezember
heute hätte eigentlich der Weihnachtsmarkt auch auf
dem Römer geöffnet werden sollen. Wird verschoben auf den 10.ten. Ersatzweise
werden Buden am Mainufer angeboten.
07. Dezember
Am Nachmittag reitet die Husaren-Eskadron, die den
Kaiser begleiten soll, schon einmal probeweise, mit einer vierspännigen Kutsche
in der Mitte, die gesamte Route des Kaisers ab. Zum Kaiserempfang sollen sie
neue Lanzen empfangen.
08. Dezember
Kaiser Wilhelm der II. besucht Darmstadt und Worms.
09. Dezember, Montag
11 Uhr Alle
Arbeitgeber sind gehalten, ihrem Personal ab spätestens 11 h Frei zu geben.
12 Uhr Die
Frankfurter Straßen sind schon dicht mit Zuschauern besetzt, so dass kaum noch
ein Durchkommen ist.
12.15 Uhr
reiste der Kaiser von Darmstadt nach Frankfurt a. M. ab, wo er um
13 Uhr auf
dem geschmückten Hauptbahnhof eintraf. Es herrschen Minustemperaturen und
Schneeflocken treiben in der Luft.
Empfang an der Bahnhofssüdseite. Miquel empfing den Kaiser. Eine Ehrekompanie spielte „Heil Dir den Siegerkranz“. Menschenmassen vor dem Bahnhof. Spalier von Soldaten, Schülern, Feuerwehrmännern und Kriegervereinen auf der ganzen Strecke. Unter dem Geläute aller Glocken erfolgte die Abfahrt vom Bahnhof.
Stopp an der Ehrenpforte (Triumphbogen) Kaiser sagt:
„Ich kenne die Stadt seit vielen
Jahren, vielleicht besser als mancher Frankfurter .“
Stopp an der Schirn, wo die Metzgerinnung einen
Ehrenbaldachin errichtet hatte. Metzgermeister und Stadtverordneter Karl Marx
überreichte einen Ehrentrunk. Kurze Ansprachen.
13.40 Uhr Ankunft
auf dem Römer. Vor dem R. wurde ein Balkonvorbau errichtet. Zwei in
scharlachroter Uniform gekleidete Hellebardiere stoßen zur Begrüßung dreimal
ihre Waffen auf. Das Gedränge auf dem Platz ist enorm. Im Tumult wird vor dem
Salzhaus ein Kind geboren. Wilhelm zeigt sich kurz auf dem Balkon,
großer Jubel.Besichtigung des Römers.
14 Uhr
Weiterfahrt zum Quartier des Kaisers in der Hauptpost. (Wo es traditionell eine
Kaiserwohnung gab). Massen auf der Zeil. Es herrscht ein solches Gedränge, dass
Frauen und Kinder an der Schaufensterscheibe gegenüber der Post erdrückt zu
werden drohen. Der Ladeninhaber Schellenberg
öffnet die Tür und 12-14 der hereinströmenden Frauen werden sofort
ohnmächtig. Auch Frauen auf dem Balkon darüber, die das ganze beobachtet haben,
sind ohnmächtig geworden. Insgesamt lässt Schellenberg etwa 1000 Leute durch
seinen Laden in den Holzgraben gehen. Auf dem Hof der Post darf Frau Josepha
Theben ihm Handarbeiten für die Kaiserin überreichen, u.a. einen seidenen
Ofenschirm. Derweil schirmen Husaren die Post ab.
14.30 Uhr
Abfahrt zum (West-)Hafen.
15.15. Uhr
Fahrt zur Savignystraße, zur Großherzogin von Hessen
16 Uhr
Zurück in der Post.
16.45 Uhr In
der Post empfängt der Kaiser seinen alten Lehrer aus Kassel, Herrn
Gymnasialdirektor Dr. Hartwig.
17.15 Uhr
Fahrt zum Palmengarten. Wegen des dichten Schneetreibens im geschlossenen
Wagen. Der ganze Weg zum Palmengarten ist illuminiert. Banket für 230 Personen
im Gesellschaftshaus, das extra zu diesem Anlass erstmals elektrisch beleuchtet
wurde. (Man hatte eine Lahmeyer-Dynamo aufgebaut) Es gibt:
-Hühnersuppe mit Sherry
-Krammetvögel im Nest
-Forelle blau mit Muselinsauce und Butter-Rinderlende
garniert
-Brustschnitte von Geflügel mit Trüffeln
-Languste mit Kräutersauce
-Fasan gebraten, Salat und Kompottvorbereitet.
-Fürst Pückler Eis
(der Hofmarschall, der die
Reise vorbereitet hatte, war ein Graf Pückler)
-Früchte, Nachtisch mit altem Portwein
zu allem: jede Menge erlesener Weine
Wilhelm sagt, die Stadt Frankfurt hätte ihren
Aufschwung vor allem seinen Vorfahren und dem Bürgermeister Miquel zu
verdanken. Die Rede Wilhelms wurde von dem hinter ihm stehenden Hofstenografen
mitgeschrieben.
Die Tischkarten waren nach dem Kaffee von den
Kellnern eingesammelt worden, wer sie als Souvenir mit nach Hause nehmen
wollte, musste dem Kellner ein Trinkgeld geben.
20.15 Uhr In
der Oper
21.30 Uhr die
Bahnhofshalle wird geräumt und alles für die Parade, die jetzt innen stattfinden
soll, vorbereitet.
22.40 Uhr Der
Kaiser im Foyer der Oper. Ein Teeempfang war vorgesehen, aber die Zeit reichte
nicht.
23 Uhr
Abfahrt zum Bahnhof. Fackelspalier bis zum Bahnhof. Illuminierter Opernplatz.
Der starke Wind hatte aber viele der Lichter ausgeblasen. (Auch die
Illumination des Triumphbogens war ausgegangen, beim Wiederanzünden hatte ein
Arbeiter die Fahnenbezüge in Brand gesetzt zur Rettung des Bogens, mussten alle
Bezüge heruntergerissen werden). In schneller Fahrt geht es zum Bahnhof, wo ihm
der Liederkranz und der Chor des Lehrervereins ein Abschiedständchen geben. Der
Kaiser nimmt im Bahnhof eine Parade ab.
23.15 Uhr
Abfahrt
Dienstag Morgen ist der Kaiser wieder in Potsdam
eingetroffen.
Der Besuch des Kaisers hat 74.762 Mark 33 Pfennige
gekostet. Bewilligt waren nur 60.000. Allein das Festmahl hatte 11.674 Mark und
die Dekoration des Festsaales7921,05 M .gekostet. Das Silber und der
Tafelaufsatz waren von den Bethmanns und den Rothschilds ausgeliehen worden
(Merkelscher T.Aufsatz von Karl v. R.). Im Nachhinein viel Kritik an der
Veranstaltung. Viele waren gar nicht eingeladen worden, der englische Konsul
war dem Kaiser nicht vorgestellt worden und die Presse fühlte sich sehr
zurückgesetzt. Bis zum Donnerstag dürfte dann auch die Frankfurter Bevölkerung
den geschmückten Palmengarten besuchen.
der Triumphbogen an der Kaiserstraße
ob Schellenberg den Zusatz "Kaiser" für sein Geschäft durch seine Rettungstat erhielt, werde ich noch überprüfen