Alexander Ruhe: Das Frankfurter Sprachgenie Adolf Werner. Januar 2012

Ein Artikel aus der Reihe: Frankfurter Zeitungs-Archäologie

 

Am 13.Juli 1813 wurde Franz Adolf Werner in Frankfurt als Sohn eines „auch für Frankfurter Verhältnisse“ reichen Kaufmannes geboren. Früh schon zeigte sich bei ihm ein Talent für das Zeichnen, vor allem aber für Sprachen, diese fielen ihm einfach nur so zu. Obwohl sich auch sein Onkel, der Mainzer Domdechant Franz Werner (1770-1844) für ihn einsetzte, verbot ihm sein strenger Vater, an der Universität seinen Neigungen nachzugehen, sondern er zwang ihn, eine Kaufmanns-Lehre zu beginnen. Neben der Lehre her hat er es aber geschafft, bis zu seinem 19. Lebensjahr schon zwölf Sprachen zu erlernen, außerdem hervorragend Klavier und Geige zu spielen und sehr gut zu zeichnen. Im Herbst 1832 finanzierte ihm sein Vater dann doch einen Sprachaufenthalt in Paris, wo er sich auf die orientalischen Sprachen stürzte. Innerhalb weniger Monate lernte er Türkisch, Arabisch Persisch und Chinesisch. Schon 1833 wurde er von seinem Vater aber zurück gerufen und als Volontär in ein Amsterdamer Handelshaus gegeben. Hier lernte er Niederländisch, Schwedisch und Norwegisch. 1835 trat er in das Frankfurter Geschäft seines Vaters ein. Noch im gleichen Jahr verlegte der Vater das Geschäft nach Geisenheim, wo die beiden sich miteinander überwarfen; er kehrte nach Frankfurt zurück und wurde hier im September Handlungsgehilfe (ein deutlicher ökonomischer Abstieg, der seinen Vater noch zusätzlich ärgerte). 1837 heiratete er und im Jahr darauf wurde er „Korrespondent“ eines Geisenheimer Weingeschäfts, wo er sich mit seinen Eltern versöhnte. Sein Vater lieh ihm Geld und er wurde 1840 eigenständiger Weinhändler in Mainz, wo er mit seinen Eltern in einem Haus wohnte.

In diesen Jahren schrieb er Grammatiken für mehrere Sprachen, er komponierte, er ließ sich , mit Hilfe des Mainzer Regimentsmusikmeister Zuhlener, etliche Instrumente beibringen, er vervollkommnete die Mechanismen verschiedener Instrumente, und er hätte sich sicherlich noch weiter den schönen Künsten gewidmet, wenn dieses Treiben seinem Vater nicht gründlich missfallen hätte. Ende 1846 kündigte der Vater Adolf deshalb den Kredit und dieser musste – unter großen Verlusten – sein Geschäft aufgeben.

Im März 1847 ging er mit seiner Familie nach Paris, wo er Korrespondent des Hauses Rothschild wurde. Im Dezember 1847 starb dann sein Vater, ohne dass die beiden sich versöhnt gehabt hätten. Adolf war der letzte verbliebene von drei Söhnen. Ein Sohn war schon früh gestorben, ein anderer 1847 in einen Irrenanstalt eingewiesen worden, Adolf war also der einzig verbliebene Erbe, erhielt aber nichts. Der Vater hatte sein beachtliches Vermögen der Mutter hinterlassen, mit der Auflage Adolf nach eigenem Ermessen zu bedenken. Seine Mutter bedacht ihn nun gar nicht, um so mehr aber einen jungen Mann, den sie kennengelernt hatte, er war faktisch enterbt. Von Paris aus klagte Adolf nun gegen seine Mutter, aber erfolglos, denn, im Zuge der Februarrevolution 1848 entließ das Haus Rothschild viele seiner Handlungsgehilfen, auch Adolf, womit ihm das Geld für weitere Prozesse fehlte. Im Mai 1848 machte er an der Universität in Gießen seinen Doktor und er bewarb sich um eine Professur. Im September 48 wurde er dann Professor für die deutsche und die englische Sprache in Alençon. Einer beginnenden Lungenkrankheit wegen konnte er diese Stelle aber nicht antreten und seine Familie und er verließen im Frühjahr 1849 Paris und gingen auf das Gut seines Schwiegervaters in Friesenheim. 1850, halbwegs wieder hergestellt, trat er eine Korrespondentenstelle im Frankfurter Geschäft von B.H. Goldschmidt an, wo er bis zu seinem Tode am 26.September 1852 arbeitete. Er hinterließ 107 Hefte mit Grammatiken und linguistischen Sprachvergleichen zwischen über 30 Sprachen (40 sprach er, davon mehr als die Hälfte fließend), darunter Isländisch, Mongolisch, Gotisch und Sanskrit, außerdem noch etliche musiktheoretische und mathematische Betrachtungen, Bauanleitungen für verbesserte Blasinstrumente, Kompositionen und Zeichnungen. Sein ehemaliger Griechischlehrer, der Orientalist  Theodor Befey hatte die sprachwissenschaftlichen Hefte erhalten und ihre Veröffentlichung geplant, dazu scheint es aber nie gekommen zu sein. Und der schon zu Lebzeiten weitgehend unbekannte Adolf Werner geriet völlig in Vergessenheit.

 

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